Getränke-Trend: Die neue Nüchternheit
Prickelnd, fruchtig und herb im Abgang: Immer mehr Menschen frönen dem flüssigen Genuss mit null Prozent Alkohol. Was es mit der überschwappenden «Sober Curiosity» auf sich hat und was die «nüchterne Neugier» stillt.
Geschäftsessen, Geburtstagsfeier, Feierabendbierchen – klirrende Gläser gehören zum guten Ton und zum ausgelassenen Beisammensein dazu. Doch je länger, je mehr heisst es: Prost auf das 0-Prozentige, über den «Dry January» hinaus – immer mehr Menschen entsagen bewusst dem Alkohol. Die Bewegung «Sober Curiosity», die ihren Ursprung in den USA hat, ist «nüchtern, aber neugierig» auf Spass ohne Spirituosen. Das saubere Statement ist stark geprägt vom nachhaltigen und gesundheitsbewussten Lebensstil der Gen Z, die als Zielgruppe für den Detailhandel bedeutender wird. Der Verzicht auf Alkohol schwappt jedoch auch auf andere Segmente über und hat das Zeug zum Mainstream.
Es handelt sich nur vermeintlich um einen Verzicht, denn tatsächlich bringt die neue Lust am nüchternen Trinkvergnügen eine neue Vielfalt an flüssigen Genüssen hervor – schliesslich hat auch die Getränke- und Gastro-Branche den Trend der «Liquid Evolution» erkannt. Das untermauert auch der Blick in die Barkarten hipper Locations: Immer häufiger sind Drinks wie «Caipirohne» oder «Virgin Colada» zu finden.
Sortiment ohne Schwips
Dabei bezieht sich die Bescheidenheit auf den Alkoholgehalt, nicht aber auf die Aromen oder Trinkgewohnheiten: Das Repertoire reicht von alkohofreiem Bier über Wein und Prosecco bis hin zu Likören oder Schnäpsen, die ihren «Originalen» geschmacklich in Nichts nachstehen.
Die Alternative zu Gin besteht beispielsweise aus denselben typischen Botanicals, gebrannt auf der Flüssigkeitsbasis von Wasser. Da die Getränke «ohne» geschmacklich gleichwertig sind wie jene «mit», lassen sich ebenso komplexe wie abwechslungsreiche Cocktails damit mixen.
Ein Pionier alkoholfreier Spirituosen ist das englische Unternehmen «Seedlip», das vor fast zehn Jahren als erste Destillerie weltweit auf «katerfreie» Kreationen setzte – und dazu gleich Rezepte für zeitgemäss interpretierte Klassiker wie «MartiNO» oder «NOgroni» mitliefert. Anleitungen für alkoholfreie Durstlöscher füllen aufwändig gestaltete Bücher mit Titeln wie «All Day Cocktails» oder «Alcohol not included». Mit solchen Rezeptbüchern, flüssigen Innovationen in repräsentativem Design und ausgewählten Accessoires wie Barzubehör oder Glaswaren lassen sich ästhetische Genusswelten konzipieren, die auch für Geschenke oder Mitbringsel inspirieren.
Einen weiteren signifikanten Vorteil für den Detailhandel bringen die volumenprozentfreien Verführungen mit sich: Die Bewilligungen und damit verbundenen Vorschriften, die beim Handel mit Alkohol erforderlich sind, fallen weg – und dennoch lassen sich die ebenso feierliche wie traditionelle Trinkkultur zelebrieren und das soziale Ritual des Anstossens weiterführen. Und das ist, nüchtern betrachtet, ganz schön praktisch.