Young Talents
Glamouröses Perlen-Upcycling, Schuhsohlen aus Bananenschalen und handwerkliche Industrie-Vasen: Wiederverwertung und Materialrecherchen sind gefragt wie nie. Welche Schweizer Designer:innen mit welchen Ideen angesagt sind – aus sechs Bereichen.
Möbel Noemi Niderhauser Die Designerin fertigt aus Bierbrauerei-Abfällen Möbel. «Wastematter» nennt sie das sperrholzartige Material, das sie aus Treber gewinnt, dem Malzrückstand, der nach dem ersten Brauen des Bieres übrigbleibt. Das organische Material ist reich an Eiweiss und lässt sich mithilfe von Bindemitteln zu einer Art ökologischer Spanplatte pressen. Abgesehen vom ökologischen Aspekt bietet das entstandene Material ein neues Aussehen und eine neue Textur, was nebst Möbel für viele weitere Anwendungsbereiche funktioniert – eine lokale, nachhaltige Alternative zu Spanplatten und Sperrholz.
Keramik Ramona Gschwend Als Gegenentwurf zum Digitalen erlebt das Handwerk ein Comeback. Doch die Sehnsucht nach Handgemachten ändert kaum etwas daran, dass der Grossteil unserer Welt weiterhin aus maschinell hergestellten Dingen und perfekten Oberflächen besteht. Was fehlt, ist Raum für Missgeschicke und gelungene Fehler. Deshalb adaptiert Ramona Gschwend mit «Various Press» den industriellen Produktionsprozess der Extrusion: Weicher Ton wird durch präzise Metallschablonen gepresst – doch gezielte experimentelle Eingriffe erweitern das Verfahren und lassen individuell geprägte und doch serielle, monochrome Objekte entstehen.
Industrial-Design Sarah Harbath Eine Schuhsohle aus Bio-Abfall: Damit will Produktedesignerin Sarah Harbath den traditionellen Schuhmarkt revolutionieren. Klassische Sohlen verteilen Mikroplastik in die Umwelt – Harbaths Kuori-Sohlen sind einen nachhaltigen Schritt voraus. Das Konzept besteht darin, Bananenschalen als ursprüngliches Abfallprodukt weiterzuverarbeiten und daraus ein langlebiges Produkt herzustellen.
Mode Kevin Germanier Der Walliser, der heute in Paris lebt, sorgt für einen völlig neuen Look in der Modeszene. Für sein Upcycling-Label schafft er aus aussortierten Perlen, Lagerbeständen oder Altplastik glamouröse Kreationen, die bereits von Stars wie Björk, Beyoncé, Lady Gaga und K-Pop-Superstar Sunmi getragen wurden. Ein anderer Stoff, den er verwendet, ist aus Schurwolle, die nicht verkauft werden konnte, weil sie stellenweise fleckig ist. Mit diesen Material-Makeln spielt Germanier in seiner Arbeit – sie machen seine Kleider zu Unikaten.
Textildesign Mira Durrer Das Label Myn hat es geschafft: Sie produzieren so lokal wie möglich und informieren transparent über die Herstellung – die langlebigen, hochwertigen und biologisch abbaubaren Kleidungsstücke bestehen komplett aus einheimischem Flachs. Die Textildesignerin Mira Durrer entwickelt die Gewebeentwürfe des Labels und kooperiert mit Nadja Zürcher und Lea Vogel. Flachs, in der Schweiz einst grossflächig angebaut, wächst heute wieder auf sieben Hektaren – dank der Initiative «Swissflax».
Material Studio Eidola Denizay Apusoglu und Jonas Kissling sind Studio Eidola. Sie widmen sich der «Ocean Articulated»-Materialforschung, bei der Salz und Sand aus dem Oberrhein, einer Region, in der die Ablagerungen eines prähistorischen Ozeans und der Gletschererosion erhalten sind, zu einem temporären, aber widerstandsfähigen Material für Möbel werden. Die beiden Rohstoffe verschmelzen sie zu einer strukturellen und wiederverwertbaren Mischung, die nach einer einfachen Technik und mit minimaler Ausrüstung Objekte wie Tische und Hocker, aber auch Fliesen entstehen lässt, die sich durch eine raue Oberfläche und archaische Natürlichkeit auszeichnen.
